Als Kindle-Nutzer und Fan der ersten Stunde ging natürlich auch die Vorstellung des Kindle Oasis nicht ungesehen an mir vorbei, und auch wenn mich der Preis von 289,99 € schlucken ließ, war er schnell bestellt. Tatsächlich fällt beim reinen Leistungsvergleich der Unterschied zum weiterhin erhältlichen Kindle Paperwhite schwer. So schwer gar, das sogar Amazon selbst außer den Umblätter-Tasten nichts eingefallen ist, was sie noch in ihre Vergleichstabelle hätten schreiben können.
Und wer sich mit dem reinen Leistungsvergleich begnügen möchte, der kann an dieser Stelle aufhören zu lesen und ungesehen zu einem Paperwhite greifen, der ohne Diskussion ein hervorragender eReader ist.
Aber was ist nun das tolle am Kindle Oasis? Viele kleine Dinge, würde ich sagen. Es beginnt damit, dass er winzig klein ist. Deutlich kleiner noch einmal, als die bisherigen Kindle. Während die Vorgänger eher in die Länge gezogen sind, ist der Oasis rechteckig, obwohl er das selbe 6“-Display verwendet, wie seine Vorgänger. Während die Ränder oben und unten auf ein minimum reduziert wurden, hat der Oasis dabei einen Rand an einer Seite vom Display erhalten. – Endlich, könnte man sagen, denn durch diesen Rand ist es trotz Touchscreen zum ersten mal möglich das Gerät entspannt zu halten ohne sich Sorgen um versehentliches Umblättern machen zu müssen. Lahmt die Hand, dann dreht man den Kindle einfach herum und nimmt ihn in die andere Hand. Das Display wird dabei automatisch angepasst.
Weiter unterstützt wird der Lesespaß durch eine günstige Gehäuseform auf der Rückseite, durch das noch einmal spürbar reduzierte Gewicht des reinen eReaders von 131 Gramm und durch die – Halleluja! – echten Umblättertasten genau dort auf dem Rand, wo man sie erwarten würde. Sie sind gar so günstig platziert, dass ich mit meiner üblichen Lesehaltung mit dem Daumen genau auf der oberen, und damit der Taste zum vorblättern, liegen bleibe. Dank gut gewähltem Druckpunkt kann das volle Gewicht des Kindle auf dem Finger und so auch auf der Umblättertaste liegen und dennoch kontrolliert umgeblättert werden. Ein Traum! Endlich wurde die langjährige Bitte zur Wiedereinführung der echten Tasten erhört. Lange genug hat’s ja gedauert…
Der Oasis ist der erste Kindle, der gleich zusammen mit einer Hülle verkauft wird. Was banal klingen mag, entpuppt sich als ein wesentliches Designmerkmal des Oasis, denn durch die reduzierte Größe des Geräts hat sich auch die Laufzeit des reinen eReaders reduziert. Und genau hierfür haben sich die Ingenieure bei Amazon eine wunderbare Lösung einfallen lassen. Die Hülle bringt nämlich einen eigenen, größeren Akku mit und lässt sich elegant magnetisch mit dem Lesegerät verbinden und wieder trennen. Läuft das Lesegerät eigenständig, dann reicht seine Laufzeit immer noch locker über einen langen Lesetag. Sobald man ihn aber an die Hülle andockt, lädt der Akku der Hülle den Akku im Gerät und macht ihn somit schnell wieder Fit für eine weitere Leserunde. Zusammen erreichen beide dann eine ähnlich lange Laufzeit wie die Vorgänger.
Auch an die Hülle gedockt lässt sich der Oasis ganz normal verwenden. Der Deckel kann dabei nach hinten geklappt und die Umblättertasten normal bedient werden.
Die Hülle erinnert an die vorher von Amazon auch schon separat angebotenen Lederhüllen. Außen ist ein sich hochwertig anfühlendes, leicht genarbtes Leder verarbeitet, welches in den Farben Schwarz, Walnuss oder Bordeaux angeboten wird. Auf der Innenseite schützt ein Microfaserstoff das Display. Der Deckel schließt magnetisch und schaltet beim öffnen oder schließen des Deckels den Kindle ein oder aus.
Das Display ist das gute, aber schon von anderen Kindle gewohnte E-Ink Carta Display mit 300 ppi und bringt keine Überraschungen mit. Die Beleuchtung verwendet mehr LEDs und beleuchtet das Display etwas homogener. Einen großen Unterschied macht das allerdings nicht. Als Abdeckung hat der Oasis die Glas-Lösung des Kindle Voyage geerbt. Inklusive Anti-Reflektions-Beschichtung, die schon auf dem Voyage eine gute Figur gemacht hat. Wie beim Voyage bildet die Glasschreibe auch beim Oasis eine glatte Frontseite. Nur die Umblättertasten stehen hervor.
Zu meiner großen Verwunderung hat Amazon die automatische Helligkeitssteuerung vom Voyage nicht übernommen. Eine mir vollkommen unverständliche Entscheidung, die ja noch nicht einmal über den Preis zu begründen ist. Kopfschüttelnd muss also leider wieder manuell justiert werden, was gerade bei wechselnden Anwendungsfällen nervig sein kann. Setzt man seinen Kindle dagegen sowieso immer in der gleichen Situation ein, zum Beispiel im Bett oder im Lesesessel, dann stört das nicht weiter.
Die Software ist auf dem Stand der anderen, aktuellen Kindle, mit allen seinen Vor- und Nachteilen, und ist ein Thema für sich. Aber darüber schreibe ich ein anderes Mal.
Es bleibt festzuhalten, dass der Kindle Oasis ein guter erster Schritt von Amazon ins Premium-Segment der eReader ist. Er besticht mit vielen gut durchdachten Features, lässt aber auch noch Luft nach oben. Ohne Zweifel ist er der derzeit beste eReader von Amazon. Ob viele Käufer den Preis durch die Finessen gerechtfertigt sehen, oder doch lieber zum günstigeren und für 120 Euro unbestritten grandiosen Paperwhite greifen, und was das für die Zukunft der Premium-Reader bedeutet, das bleibt es abzuwarten. Vielleicht etabliert sich hier eine ähnliche Situation wie bei den Smartphones, wo man ungefragt für wenig Geld schon gute Ware bekommt, aber das Premium-Segment halt doch noch einmal gehörig etwas oben drauf legt.